Achtung! Schnauzbart-Alarm! Die Schweden kommen! Wer sich – als Weltmusik-Fan – gerade schon bestens darauf vorbereiten wollte, wieder einmal herrlich atonaler, chinesischer Folklore zu lauschen, hat die skandinavische Ironie nicht verstanden. Denn: Miss Li kommt zwar aus einer anderen Welt – aber die heißt Börlänge und liegt mitten im herrlichsten, verschlafensten, kleinstädtischen Mittelschweden (dass da aber doch irgendwas Virusartiges in der Luft liegen muss, beweisen die beiden anderen Börlänger Gruppen Sugarplum Fairy und Mando Diao). Und aus Schweden zu kommen, ist heutzutage ja in Musikkreisen schon für sich gesehen ein Qualitätsmerkmal. Wie sie das nur machen, diese Schweden!

Miss Li alias Linda Carlsson jedenfalls entwirft ihr persönliches Erweckungserlebnis dergestalt: Eines schönen Morgens im Jahre 2006 beschloss Frau Carlsson, nun wirklich hauptberuflich Musik zu machen. Und was macht man dann als praktische Schwedin? Man kauft sich ein Klavier! Sympathischerweise hatte das Instrument anfangs den gleichen Effekt wie ein unter das Kopfkissen gelegtes Chemielehrbuch – denn Linda Carlsson konnte gar nicht darauf spielen, begann aber trotzdem sehr bald, eigene Songs zu schreiben und kleine Demos aufzunehmen (dank der geheimnisvollen Ausstrahlung des Klaviers). Natürlich beherrschte sie das Instrument dann doch sehr schnell und zog mit ihren selbstverfassten, zackigen Kabarett-Pop-Kunstwerken durch diverse Bars und Kneipen, wo sie (wieder die geheimnisvolle Kraft des Klaviers) rasch den Produzenten des Labels National ins Auge sprang. Und schon Ende 2006 konnte Miss Li, wie sie sich von nun an nannte, gemeinsam mit Bassist Clas Lassbo und Drummer Gustav Nahlin ihr erstes Album aufnehmen: „Late Night Heartbroken Blues“. Von nun an ging es ganz rasant: Miss Li, ihre beiden Kollegen und der neu hinzugestoßene Gitarrist und Produzent Sonny Boy Gustafsson legten los wie die Feuerwehr. Drei Alben legten sie innerhalb eines Jahres vor und waren damit 2007 plötzlich Schwedens Sommerpop-Könige. Die schnellen, jazzigen, leicht kabarett-angehauchten Songpreziosen versprachen herrlichstes Sommertanzgefühl und eroberten die Hitparaden wie auch die Herzen der Schweden im Sturm. Der internationale Durchbruch gelang mit dem 2009er Album „Dancing the Whole Way Home“, vor allem durch die herzensbrecherischeVerwendung eines ihrer Songs für die Serie „Grey‘s Anatomy“. 2011 schließlich erschien Album Nummer fünf, „Beats & Bruises“. Darauf haben die Skandinavier das Tempo noch mal angezogen und eine gehörige Portion Tanzpolka unter die ironischen Jazz-Pop-Nummern gemischt. Und mit Miss Lis in der Tat fast fernöstlich anmutender Jungmädchenstimme steht dem echten Sommermärchen zum wiederholten Male nichts im Wege.